Denn bei dir ist die Quelle
des Lebens, und in deinem
Licht sehen wir das Licht.
Psalm 36, 10
Titanen on tour – Weihung der Friedensglocke live im RBB Kulturradio
Feierlich erklangen endlich die Worte zur Weihe der Friedensglocke:
So sei denn unsere neue Glocke in den Dienst Gottes und seines Friedens gestellt. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Die Glocke mahnt zum Frieden. Wir rufen nach Frieden – in den verschiedenen Sprachen der Länder durch die die Glocke gefahren wird.:
Frieden! 3 Glockenschläge
Spokój! 3 Glockenschläge
TAIKA! 3 Glockenschläge
MIERS! 3 Glockenschläge
RAHU! 3 Glockenschläge
Mir! 3 Glockenschläge
Das RBB Kulturradio übertrug diesen wunderbaren Moment live aus der Kirche zu Brück Rottstock. Endlich konnten alle die Glocke sehen und hören. Gut sichtbar die Noahtaube die den Ölzweig bringt. Sie verheißt den Bund Gottes mit den Menschen nach der Sintflut: ICH werde die Erde nicht noch einmal vernichten!
Nach dem Gottesdienst wurde die Glocke auf den Pferdeglockenwagen gebaut und in die Titanenarena eingefahren. Ein erhebener Moment.
Nun soll die Reise am 18. Juli um 10.00 Uhr, so Gott will und wir leben, beginnen.
Predigt am 4. Sonntag nach Trinitatis in Brück Rottstock
Text: 1. Petrus 3,8-15
„So himmlisch muss es im Paradies sein“, sagte mein alter Onkel, als wir an einem lauen Abend unter seinem Kirschbaum standen und die wunderbaren, vollen, reifen Kirschen aßen. Zufrieden waren wir. Ich musste an den Schalom – den heilen Zustand – denken, der am Anfang im Paradies für uns Menschen bestand – Frieden mit Gott und untereinander. Ich spürte in mir diese Sehnsucht, immer in diesem Zustand zu sein.
Da flog mit einem Mal ein Haufen Dreck über den Zaun vom Nachbarn – direkt vor unsere Füße. Es waren die Blätter des Kirschbaums vom vorigen Herbst. Seit Jahren schmiss er sie über den Zaun. Seine Form des Protest. Die einzige Lösung für ihn: „sägen Sie den Kirschbaum ab – Er macht zuviel Dreck!“ In mir stieg eine große Wut auf. Wie ärgerte ich mich über ihn. Immer, wenn ich meinen Onkel besuchte war das so! Ich begann, zu kontern, ihn wüst zu beschimpfen.
„Bist Du nicht Christ?“ fragte mich irgendwann mein Onkel. Heißt es da nicht: Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet!
Da holte es mich wieder ein. Ja ich bin Christ! Ja ich möchte, dass Jesus mit seiner Kraft mein Wesen verändert und mich zu einem Menschen des Friedens macht. Und immer wieder schaffe ich es nicht. Mir blieb mein Geschimpfe im Halse stecken! Nach zweimal schlucken und dem Genuss einer sehr dunklen Kirsche betete ich: „Jesus, nimm mich in Deine Schule und mache aus mir ein Werkzeug Deines Friedens“! So beten wir es jeden Tag mit unseren Kindern mit dem alten Gebet:
O Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens,
dass ich Liebe übe, wo man hasst,
dass ich verzeihe, wo man mich beleidigt,
dass ich verbinde, wo Streit ist,
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält,
dass ich Licht anzünde, wo die Finsternis regiert,
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde,
sondern dass ich tröste,
nicht, dass ich verstanden werde,
sondern dass ich verstehe,
nicht, dass ich geliebt werde,
sondern dass ich liebe.
Denn wer da hingibt, der empfängt,
wer sich selbst vergisst, der findet,
wer vergibt, dem wird verziehen,
und wer stirbt, erwacht zum ewigen Leben.
Ein großartiges Gebet – ein hoher Anspruch. Eine Botschaft quer zum Denken unserer Zeit:
Nicht ich zuerst, sondern Du!
Wie sehr bitte ich Gott, dass ER mir und uns die Kraft gibt, wirklich Menschen des Friedens zu werden und so zu leben. In unserem Predigttext heißt es: „Wer leben will und gute Tage sehen, der hüte seine Zunge dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht trügen; er wende sich vom Bösen und tue Gutes!“
Klingt so einfach, ist oft so schwer!
Ich liebe das Leben und habe Sehnsucht danach, nicht nur ein äußerlich befriedetes Dasein zu führen. Da, wo alle sich korrekt zueinander verhalten und ordentlich sind. Ich denke, Zufriedenheit fängt zu allererst mit einem „entgifteten Miteinander“ an, ohne Irreführung, falsche Aussagen, neidvolle und bittere Bemerkungen, da wo Spott und Hohn keinen Platz haben. Ich weiß um meine Schwäche und habe als Pfarrer ein wenig Einblick in die Schwächen Anderer. Es ist nicht normal, so zu leben. Die Welt ist anders. Aber ich möchte mich mit Ihnen trotzdem auf diesen Weg des Friedens begeben. Den Weg, der den Lauf der Welt – wie sie ist – unterbricht.
Ein Stück Himmel hier auf Erden möchte ich erleben. Nicht nur unter dem Kirschbaum. Haben Sie Lust darauf? Dann kommen Sie mit. Es kommt auch auf Sie an. Sie können als Einzelner die Situation verändern. Wo einer meint, auf mich kommt es nicht an, es ist egal, welche Hoffnung mich trägt, ist das Ganze bedroht. IHr Beitrag kann entscheidend sein für einen Menschen, für einen Tag oder sogar für das ganze Land.
Unser Text gibt uns einen kleinen Tipp, wie wir einen Hauch des Paradieses auf die Erde bringen können: „Segnet, weil ihr dazu berufen seid“! heißt es da. Im segnenden Gebet zapfen wir die Kraft Gottes an und es fließt die Quelle des Lebens! Damit bekennen wir unsere Abhängigkeit vom liebenden Vater im Himmel, der unsere leeren Hände füllt, so dass wir die Fülle weitergeben können in all unserer Schwachheit und Unvollkommenheit.
Hier kommen wir zum Zentrum des Glaubens: dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus! Von IHM kommt der Segen und er arbeitet mit uns zusammen. Das ist die Friedenskraft, die die Welt so nicht geben kann. Von ihm kommt der Segen und er braucht Menschen, die diesen Segen weitergeben.
Bei einer Hochzeitsfeier kam eine Frau ganz aufgewühlt zu mir. „Ich bin Atheist und halte nichts von Euch Christen! Aber der Segen! Der ging mitten durch! Was haben Sie da gemacht?“ Sie meinte den Schlusssegen im Traugottesdienst. Meine Antwort: „Sie haben die Kraft Gottes gespürt. Ich kann das nicht machen.“ Irritiert ging die Frau zur Bar und trank erst einmal einen Schnaps. Ich bin mir sicher: Gott wird weiter seinen Weg mit ihr gehen. Mich hat diese Begegenung sehr berührt.
Jeder kann den Segen Gottes weitergeben! Das hängt nicht von der Bildung, dem „Heiligkeitsgrad“, der theologischen Ausbildung oder der Rhetorik ab. Jesus fordert uns dazu auf: Wenn ihr in ein Haus kommt, dann sprecht: Friede sei mit diesem Haus! Jeder kann das tun.
Nehmen Sie sich doch bitte für die nächste Woche folgendes vor: Sie sprechen einen Menschen an und fragen ihn, ob sie ihn segnen dürfen. Wenn ein „Ja“ kommt, dann legen Sie ihm die Hände auf und beten den Segen: „Der HERR segne Dich und behüte Dich! Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig. Der Herr erhebe sein Antlitz über Dir und gebe Dir seinen Frieden! Amen!“
Wir üben das hier in Brück schon mit den Konfirmanden ein, die sich gegenseitig segnen.
Ich glaube: Das wird eine große Wirkung haben für die Gesellschaft und für den einzelnen Menschen. Wer sich gesegnet weiß, gibt Segen weiter. Sie werden es spüren. Es fängt bei uns an. Nach der Überwindung der eigenen Friedlosigkeit durch die reale Kraft des Heiligen Geistes kann es zum kraftvollen Tun des Guten kommen. Die Suche nach Frieden hat dann Erfolg.
Vielleicht fällt Ihnen während des folgenden Liedes ein Mensch ein, den Sie segnen wollen. Wir singen jetzt das Lied: Es gibt bedingungslose Liebe
Lied: Anker in der Zeit
Wer den Entschluss gefasst hat, sich persönlich vom Bösen abzuwenden, der „suche Frieden und jage ihm nach“, so heißt es im Predigttext heute. Aus der eigenen Befriedung und Zufriedenheit soll eine Bewegung entstehen. Jagen bedeutet hier, etwas mit Leidenschaft, Intensität, Tiefe und Hingabe zu tun. So sollen wir dem Frieden eifrig nachtrachten und ihn verfolgen.
In seiner Ursprungsbedeutung heiß das griechische Wort „dioko“ – nachjagen, verfolgen: den Wagen in schnelle Bewegung setzen. Das wollen wir Brücker tun! Und zwar ganz praktisch: Mit einem Friedensglockenwagen, 6 Planwagen und einem Brotwagen wollen wir in diesem Sommer zu einem Friedens- und Versöhnungstreck durch Polen, Litauen, Estland und Lettland nach Weliki Nowgorod in Russland aufbrechen. 100 Jahre nach Ende des 1. Weltkrieges wollen wir ein Zeichen des Miteinanders in Europa setzen. Die Wagen werden über 233200 km von Kaltblutpferden jeweils 35 km pro Tag gezogen. An fast 70 Orten wollen wir die Friedensglocke läuten, mit den Menschen das Brot brechen, den Friedensgruß tauschen und den Segen sprechen. Wir wollen uns begegnen in aller Vielfalt und Unterschiedlichkeit, miteinander reden, feiern und Zeit verbringen. Wir hoffen, an jedem Ort willkommen geheißen zu werden. Dass wir Hafer, eine Wiese, Essen, ein Bett und einen Segen bekommen werden. Wir haben Boten ausgesandt, um anzukündigen, dass wir in unserer Friedensmission kommen. Die Reaktionen sind bereits vielversprechend: „Endlich kommt mal wirklich jemand“ sagte ein Bauer in Estland. Als ich in Weliki Nowgorod, einer Stadt 150 km unterhalb von St. Petersburg die Kulturverantwortliche fragte, wie sie das findet, dass ein Pferdetreck aus Deutschland kommt, sagte Sie in unvergleichlicher russischer Art: „Die Pferde bringen den Frieden!“ Das hat mich persönlich sehr angesprochen. Danach habe ich für mich entschieden: Es ist den Aufwand wert! Da mache ich mit. Es ist mein persönlicher Beitrag, dem Frieden nachzujagen.
Jaget dem Frieden nach! Das ist die Inschrift der Friedensglocke, die wir geweiht haben. Eine Friedensglocke zu gießen stammt aus der Tradition des „Pro-Pace-Läuten“: es ist die Botschaft für den Frieden. Es ist eine Aufforderung zum Gebet und zur Besinnung. Die Glocke ruft zum Frieden. Vielerorts ist das 11.00 Uhr oder Mittagsläuten die Aufforderung, für den Frieden zu beten. Es wurde in der Geschichte wegen der Häufigkeit von Kriegen notwendig. Es ist ein Gebet, dass der Beter nicht für sich selbst, sondern als Fürbitte vor allem für Andere – auch für seine Feinde spricht. Es ist gleichzeitig das Gebet für eine gute Regierung. So aktuell wie sich das anhört, glaubt man gar nicht, dass diese Tradition schon über 600 Jahre alt ist.
Wir brechen in 24 Tagen auf – die Glocke wird uns begleiten.
Sie soll rufen zum Gebet und zum Tun für den Frieden. In allen Sprachen der Länder, durch die wir fahren, ist das Wort „Friede“ in die Glocke eingegossen. Damit es jeder versteht. Wir hoffen, dass einzelne Menschen dieser Ruf erreicht, sie sich verändern durch die Kraft Gottes und sie Werkzeuge des Friedens werden. Am Ende der Reise soll die Glocke samt Wagen in Weliki Nowgorod aufgestellt werden und dort verbleiben.
Die Stadt hat eine besondere Bedeutung für uns Menschen aus Brück: Dort gibt es das 850 Jahre alte Magdeburger Tor. Ein Bronzeguss mit der Darstellung von Bischof Wiechmann von Magdeburg. Der rief damals die Flamen aus Brügge nach Brandenburg. Hier sollten sie in Frieden siedeln können. Sie kamen aus ihrer durch Sturmfluten geschädigten Heimat in unsere Gegend und gaben ihr den Namen Fläming. Einige zogen weiter bis nach Weliki Nowgorod und hinterließen dort ihre Spuren. Diesen Fährten folgen wir nun mit den Pferden und der Glocke nach. Wir wollen zeigen: Mit uns ist gut Kirschen essen! Wir wollen mit den Nowgorodtern und allen Menschen, denen wir unterwegs begegnen, ein Stück Himmel hier auf Erden erleben!
Seien Sie mit dabei. Wünschen Sie uns eine gute, gesegnete Reise: Jagen sie dem Frieden nach! Dem Frieden mit Gott, sich selbst und den Menschen! Empfangen Sie den Segen und geben Sie ihn weiter! Lassen Sie sich durch die Kraft des Heiligen Geistes verändern. Lieben sie das Leben – und kosten sie den Geschmack des Paradieses!